Zur Vorbereitung
Eine Weinprobe zu Hause braucht keine spezielle Location. Ob um den Küchentisch, auf dem Sofa sitzend oder stehend auf der Terrasse – hauptsache alle fühlen sich wohl und haben Lust auf’s Probieren. An dieser Stelle schon der wichtige Hinweis für alle die Sorge haben, dass eine Weinprobe lediglich für mondäne Kosmopoliten oder belesene Wissenschaftler:innen funktioniert – eine Weinprobe ist interessant und geeignet für alle, die gerne Wein trinken und sich darüber austauschen wollen – mit oder ohne Sommelier Ausbildung.
Findet die Probe im Innenraum statt, empfiehlt es sich vorher gut zu lüften, damit im Raum eine neutrale Geruchskulisse herrscht, außerdem sollte auf gute Lichtverhältnisse geachtet werden, damit das Aussehen, wie die Farbe des Weines, gut zu beurteilen ist.
Viel wichtiger aber als ein chices Ambiente ist die Temperatur der Weine:
Der Rotwein sollte 15-18°C haben, Weißwein 10-12°C. Wobei hier der Spaß eigentlich schon losgeht: Überrasche deine Gäste doch mal mit einem Rotwein aus dem Kühlschrank, und tauscht euch darüber aus. Schockmethoden wie Eiswürfel oder die Kühlung im Gefrierfach sollten allerdings vermieden werden, damit der Wein nicht strapaziert wird.
Die Gläser
Für das Probieren eignen sich am besten dickbauchige, sich nach oben verjüngende Stielgläser. Darin haben die Weine Luft zum Atmen, die Gläser lassen sich gut schwenken – und durch die bauchige Form hat die Nase Platz zum Riechen.
Die Probe baut sich am besten von leicht nach schwer, von weiß nach rot auf. Die ‘Schwere’ eines Weines lässt sich am Alkoholgehalt messen – ein vergleichender Blick auf die Etiketten hilft hier bei der Festlegung der Reihenfolge.
Zwischen den einzelnen Weinen müssen die Gläser nicht unbedingt ausgespült werden – ins leere Glas kann direkt der nächste Verkostungswein eingeschenkt werden. Ab und an einen Schluck Wasser zur Neutralisierung zu trinken, ist aber immer gut.
Wein regt bekanntlich den Appetit an…
daher bietet es sich an, kleine Snacks oder Knabbereien bereitzustellen. Dabei sei zu beachten, dass sich stark Gewürztes wie Chips, Oliven oder Knoblauchhaltige Speisen weniger gut eignen, weil sie den Geschmacksraum zu sehr dominieren. Also sollte das Snack-Arrangement eher aus neutralem Gebäck wie z. B. Grissinis, knusprigem Baguette oder gewürfeltem, frischen Landbrot bestehen.
Alle Gastgeber und Gastgeberinnen, die gerne auftischen, können natürlich auch eine Käseplatte, Antipasti oder Fingerfood vorbereiten – hier empfiehlt es sich aber diese erst nach der ‘konzentrierten’ Verkostung zu reichen, damit der Geschmack des Weines nicht zu sehr beeinflusst wird. Es kann sehr interessant sein einen Wein, den man zuvor in der Probe gemocht hat, nochmal zu Käse oder Fingerfood zu probieren und herauszufinden, wie er seinen Geschmack in der Verbindung mit Essen verändert.
Zur Qual der Wahl … Die Auswahl der Weine
Natürlich lassen sich an einem Abend nicht endlos viele Weine probieren. Für eine differenzierte Probe empfiehlt sich eine Auswahl von 3-6 Weinen. Die Zusammenstellung lässt sich nach verschiedenen Kriterien auswählen.
Vielleicht möchte man das Sortiment eines bestimmten Weinguts besser kennen lernen und trinkt sich “durch den Keller” dieses Weingutes, dafür bieten sich Probierkisten an (für das Kennenlernen des Weinguts Frederik Janus stellen wir Dir gerne eine Kiste nach Deinem Geschmack zusammen. Zum Shop). Oder aber man fokussiert sich auf eine bestimmte Rebsorte wie zum Beispiel Riesling oder Spätburgunder und stellt ausschließlich Weine dieser Rebsorte zusammen, um sie zu vergleichen. Denkbar ist außerdem eine Verkostung von Weinen aus derselben Region, oder eine Zusammenstellung von Weinen derselben Rebsorte aus explizit unterschiedlichen Regionen bzw. Anbaugebieten. Der Jahrgang des Weines könnte ein Kriterium sein – oder aber man stellt einfach eine Auswahl an Flaschen, die einem schmecken zusammen, ganz unabhängig von durchdachten Kriterien. Durch das Probieren unterschiedlicher Weine im Vergleich kommt man ins Gespräch darüber, was an diesem oder jenen Wein schmeckt oder interessiert. Und darum geht’s !
Wir müssen (über Wein) reden!
Viele Menschen haben beim Sprechen über Wein Hemmungen. Einige meinen gar, nur wahre Kenner:innen und Expert:innen dürfen ihr exquisites Wissen preisgeben. Diese Kenner:innen und Expert:innen tragen in der Vorstellung mancher vielleicht Baskenmützen und schwadronieren in poetischer Sprache über Abgang und Bouquet des Weines. Wir behaupten, nichts davon ist notwendig bei der Weinprobe zu Hause! Daher kommen wir gleich zur Sache – für alle, die sich das schon immer gefragt haben: das Bouquet, zu Deutsch Bukett, stammt aus dem Französischen und bedeutet übersetzt Blumenstrauß. Unter diesem Begriff versteht man schlichtweg die Aromen, die bei der Weinherstellung und der Lagerung entstehen, bzw. den Duft des ausgereiften Weines im Glas – wie ein Strauß Blumen setzt dieser sich aus verschieden Komponenten zusammen.
Um über Wein sprechen zu können, muss man nicht eine Geheimwissenschaft studiert haben und auch keinem exquisiten Club beitreten. Wein ist in erster Linie ein Genussmittel und das Trinken, insbesondere in geselliger Runde, soll Spaß machen. Dabei ist vor allem eine Frage entscheidend: Gefällt mir der Wein oder nicht? Dieses ‘gefällt mir der Wein’ hängt von einigen Kriterien ab. Im Folgenden wollen wir ein kleines A, B, C für das Sprechen über Wein bereitstellen, so dass der Weinprobe zu Hause nichts mehr im Wege steht.
Die einer Weinverkostung zugrunde liegenden Prinzipien werden als Sensorik bezeichnet und umschreiben das sinnliche Erleben des Weines durch: Sehen, Riechen, Schmecken und Tasten. Beim Sprechen über Wein kann man sich über diese vier Sinne nähern.
Zum Sehen (die optische Prüfung)
Besonders gut lässt sich das Aussehen eines Weines beurteilen, wenn man ein zu einem Drittel gefülltes Weinglas gegen das Licht hält und es leicht kippt.
In dieser Position lassen sich Farbe und Fließeigenschaft beurteilen.
Wie kann ich die Farbe beschreiben? Hier und generell bei der Beschreibung von Wein gilt, dass den Assoziationen keine Grenzen gesetzt sind, das macht das Probieren kreativ.
Wirkt die Farbe des Rotweines also eher blutrot oder erinnert sie an die Farbe von Himbeeren, Brombeeren, erkennt man bräunliche Nuancen oder violette…?
Lässt sich die Farbe des Weißweines als gelblich wie eine reife Birne, als Apricot, Weißlich oder sogar als Bernsteinfarben beschreiben? Die Farbe eines Rosés kann von rosa bis pink reichen oder sogar an Limo erinnern.
Ist der Wein klar oder leicht getrübt?
Auch die Fließeigenschaft des Weines (die als Viskosität bezeichnet wird) sagt unter Umständen schon einiges über den Wein aus. Weine, die besonders gehaltvoll (damit ist meistens ein erhöhter Alkoholgehalt gemeint) sind und sich nach der oben beschriebenen Kippbewegung beim Zurückfließen mehr Zeit lassen, hinterlassen teilweise leichte Schlieren am Glas, sogenannte “Kirchenfenster” oder “Tränen”.
Zum Riechen (die olfaktorische Prüfung)
Ähnlich wie bei der Beschreibung des Farbtons eines Weines sollte man auch beim Riechen keine Scheu haben frei zu assoziieren. Kein anderer Sinn ist so gefühls- und erinnerungsbeladen wie der Geruchssinn, der – als einziger unserer Sinne – seine Signale direkt an das Gehirn sendet. Daher kann es auch schon mal dazu kommen, dass man einen Wein ‘nicht riechen’ kann, weil er eine besonders aufdringliche ‘Nase’ hat oder das Gegenteil ist der Fall und einem gefällt der Geruch eines Weines fast besser als sein Geschmack.
Wie lässt sich also der Geruch eines Weines beschreiben? Riecht er fruchtig und wenn ja, an welche Frucht erinnert mich der Geruch? Etwa an gelbe Steinfrüchte wie Aprikosen oder an exotische Früchte wie Ananas, Maracuja? Riecht der Wein eher frisch und grün (nach Paprika etwa…) oder empfinde ich den Geruch als schwer und dunkel?
Im Geruch eines Weines lassen sich vielseitige Nuancen ausmachen – so kann man Tabak, Erde, Papier, Rauch, odee gar chemische Nuancen wie Gummi und sogar Leder (im schweren Roten) riechen. Interessant ist auch, dass man eine Nuance häufig erst riecht, wenn eine Person einen darauf aufmerksam macht. Das, was man vorher vielleicht nicht zuordnen konnte, bekommt plötzlich einen Namen.
Jetzt aber trinken …!
Zum Schmecken (die gustatorische Prüfung)
Dem Geschmackssinn werden sechs Grundtypen zugeordnet: süß, sauer, bitter, salzig, umami und fettig. Diese Geschmacksrichtungen bilden das Grundgerüst der Weinbeschreibung.
Fragen, die einen bei der Verkostung eines Weines leiten können, sind also folgende:
Hat der Wein eine wahrnehmbare Süße? Wenn ja, ist sie eher fein und dezent oder dominiert sie alle anderen Empfindungen? Woran erinnert mich diese Süße? Eher an die Süße von Früchten oder an Honig, Karamell oder Schokolade?
Hat der Wein eine wahrnehmbare Säure? Wenn ja, ist sie harmonisch, erfrischend und anregend oder eher dominant, spitz und unangenehm? Erinnert sie mich an die dezente Säure von Äpfeln oder ist sie dominant wie die einer Zitrone?
Hat der Wein wahrnehmbare Bitterstoffe? Dies kann insbesondere bei Rotweinen der Fall sein, da die darin enthaltenen Tannine bitter schmecken.
Oder hat der Wein wahrnehmbare salzige Noten? Dies kann bei besonders mineralischen Weinen der Fall sein, denn Mineralstoffe sind Salze. Über wieviel Mineralstoffe ein Wein verfügt, hängt wiederum mit der Beschaffenheit der Böden zusammen.
Empfinden wir bei der Verkostung den Wein als fleischig, herzhaft kann dies der Geschmacksrichtung umami oder fettig zugeordnet werden – beide sind vor allem bei schweren Rotweinen auszumachen .
Zum Tasten (die taktile Prüfung)
Wenn wir vom Tasten des Weines sprechen, ist dabei nicht das ‘Anfassen’ gemeint, sondern die Berührung des Weines im Mund. Berührt der Wein Zunge und Gaumen, so kann man den Körper und die Textur des Weines erfühlen bzw. ertasten.
Es ist also wirklich wahr, dass wir mit unserem Tastsinn Wein beschreiben. Und somit kommt es auch endlich zu blumigen Beschreibungen wie: “dieser Wein schmeichelt sanft meinen Gaumen” – oder auch, wenn man von der tastenden Berührung nicht so begeistert ist: “mir ist dieser Wein zu kantig!”.
Leitende Fragen zur Textur sind daher:
Regt der Wein den Speichelfluss an, wirkt er Mund wässernd und animierend?
Hat der Wein einen wahrnehmbaren Schmelz (wie Eis oder Pudding), wirkt er sanft und weich wie Samt oder Seide? Hat der Wein eine adstringierende Wirkung, so dass sich die Mundschleimhaut zusammenzieht?
Fühlt sich der Körper des Weines im Mund eher schlank oder kräftig an?
Lässt sich der Wein eher als vollmundig oder straff und kühl beschreiben? Hat der Wein wahrnehmbare Gerbstoffe (Tannine)? Wenn ja, sind sie grob oder fein? Fühlen sie sich geschmeidig oder eher pelzig, trocknend und rau an?
Wie stark ist der Alkohol wahrnehmbar? Ist er gut eingebunden und stützt den Wein oder macht er sich wärmend oder gar schärfend bemerkbar?
Und zum Schluss…ein guter Abgang?
Der Abgang – oder auch der Nachhall, die Nachhaltigkeit oder die Länge – eines Weins bezeichnet die Zeit, die der Wein im Mund nach dem Schlucken nachwirkt: wie lange also die Aromen und Geschmacks-Dimensionen wahrnehmbar sind und wie lange das Mundgefühl des Weines anhält.
Der Abgang lässt sich also tatsächlich in Zeit messen. Dabei gilt: je länger der Abgang und je nachhaltiger der Gaumen Eindruck, desto hochwertiger der Wein.
Mit diesem kleinen A, B, C für das Sprechen über Wein kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Also Gläser raus und los.
In regelmäßigen Abständen veranstaltet das Weingut Frederik Janus auch Online-Weinproben. Dafür erhältst Du nach Anmeldung die Weine für die Verkostung und einen Link zugeschickt. Über ein Live Event bei Youtube leiten Katharina und Frederik die Probe an und berichten über Herstellung, Hintergründe und Neues vom Weingut.
Wir wünschen eine vergnügliche Weinprobe zu Hause, stets ein gutes Bouquet und einen schönen Abgang. Zum Wohl.
Noch nicht spannend genug? Augen zu… und trinken! Die Blindverkostung
Alle, die sich bei der Weinprobe zu Hause noch eine extra Portion Spannung wünschen, könnten eine Blindverkostung ausprobieren: besonders unvoreingenommen und ohne durch Name, Region, Rebsorte oder Aussehen des Etiketts beeinflusst zu sein, werden die Weine bewertet. Um das zu gewährleisten, werden die Etiketten der Flaschen abgeklebt oder besser noch die gesamte Weinflasche zum Beispiel in Papier eingewickelt, sodass alle Flaschen genau gleich aussehen und nicht zu unterscheiden sind. Um aber dennoch über die Weine reden zu können, werden die Flaschen mit Zahlen nummeriert.
Bei einer Blindverkostung bietet es sich an, mehrere Weine einer gleichen Rebsorte zu probieren und diese dann zu vergleichen. Es ist oft überraschend, was dabei herauskommt. Selbst sehr geschulte Weinfreunde bewerten dann Weine, die sie ‘wissentlich’ nie als ihre Favoriten bezeichnet hätten, als besonders gut oder kritisieren an vermeintlich ‘einwandfreien’ Weinen bestimmte Noten, die ihnen zuvor noch gar nicht bewusst aufgefallen waren.
Hilfreich bei der Blindverkostung sind Stift und Papier, damit alle Beteiligten ihre Eindrücke und ggf. eine Bewertung in den Kategorien Optik, Geruch, Geschmack und Textur notieren können. Fortgeschrittene könnten auch Rebsorte, Region oder Jahrgang schätzen.
Viel Spaß bei der Weinprobe zu Hause!